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5 innovative Themen im Maschinenbau in 2024 | Welser

Geschrieben von Thomas Müller | Jul 13, 2023

Innovation ist ein viel gebrauchtes Trendwort, das schnell mal überstrapaziert wird. Neu bedeutet nicht gleich innovativ, denn laut Wikipedia gibt es einen Unterschied zwischen Invention (Erfindung) und Innovation (Erneuerung). Letzteres sind Produkte oder Dienstleistungen, die erfolgreich umgesetzt, angewendet und auf dem Markt sind. Der Buchdrucker Friedrich Koenig brachte Anfang des 19. Jahrhunderts die innovative Schnellpresse auf den Markt und ersetzte damit den anstrengenden und kostspieligen Handdruck. Einige seiner Vorgänger erfanden bereits Druckmaschinen, die zunehmend aus Stahl statt aus Holz waren, doch ihre Erfindungen fanden nur vereinzelt Anwendung. Dank Koenigs Innovation aber wurden Zeitungen und Bücher plötzlich massentauglich. 

Im Maschinenbau sind der Innovationsdruck und die Innovationsintensität - 6,1% laut einer Statista Erhebung im Jahr 2021 in Deutschland - besonders hoch. Dies bekommen nicht zuletzt Produktentwickler zu spüren, aus deren Köpfen besser mehr als weniger Ideen mit hohem Zukunftspotential sprudeln sollen. 

Folgende 5 Innovationsthemen werden uns im Maschinenbau daher in Zukunft noch öfter beschäftigen:

1. Langlebigkeit

Wer kennt sie nicht? Die Anekdote der Großmutter, dass Waschmaschinen früher eine Anschaffung fürs Leben waren, die man nicht wie heutzutage alle 5-6 Jahre ersetzen musste. Während die Lebensdauer dieses Consumer Produkts an Wichtigkeit verloren hat, spielt sie in der Industrie eine essentielle Rolle. Anhand der Haltbarkeit, d.h. dem Zeitraum, in dem Anlagen und Maschinen voll betriebsfähig sind, lässt sich beispielsweise eine Risikobeurteilung und Vorhersage über kommende Investitionen tätigen.

Herausforderungen langlebiger Maschinen und Bauteile:

  • Günstige Bauteile:
    In einer global vernetzten Welt ist das Angebot an Produzenten ebenso groß wie der eigene Budgetdruck. Doch günstig eingekaufte Bauteile lassen sich leider zu selten mit der gewünschten Langlebigkeit von Maschinen vereinen.

  • Kurzfristige Produktentwicklung:
    Innovativ, aber bitte schnell. Diesen Spagat müssen Produktentwickler heutzutage immer wieder schaffen, denn die Time to Market soll aufgrund des wachsenden Konkurrenzdrucks stetig kürzer werden. Da bleibt kaum Zeit für langlebige Entwicklungen und tiefergehende Recherchen der zahlreichen Möglichkeiten, wie z.B. von Stahl als Verarbeitungsmaterial, übrig.

  • Fehlende Voraussetzungen:
    Friedrich Koenig, der Innovator der Schnellpresse, hätte diese zukunftsträchtige Erfindung wahrscheinlich niemals geschafft, hätte er sich nach seiner Ausbildung zum Druckmeister nicht noch viele Jahre an der Universität weitergebildet. Neben dem Knowhow kommt es aber auch auf die technologischen Voraussetzungen an. So ist die Technologie des Rollformens zwar als Voraussetzung für nachhaltige Bauteile gegeben, aber im Studium lernen die meisten Maschinenbauer nur wenig oder gar nichts über diese Technologie. 

Lösungen für langlebige Maschinen und Bauteile:

  • auf Qualität achten: 
    Wer sich ein qualitativ hochwertiges Auto kauft, kann sich relativ sicher sein, dass es nach 100.000 km noch immer ohne Klappern und Rascheln geschmeidig fährt. Dasselbe gilt für Anlagen und Maschinen, wo belastungsoptimierte Spezialprofile mit präziser Verfahrenstechnik wie einem Schweißlaser länger und besser funktionieren als Standardprodukte, die Kompromisse erfordern.. 

  • optimal passende Materialien einsetzen:
    Alle Materialien haben eine bestimmte Normgüte, d.h. sie verhalten sich in der Verarbeitung unterschiedlich. Hier müssen Produktentwickler genau selektieren, um für Prozessexzellenz zu sorgen. Das Material aus der Mitte des Stahlcoils beispielsweise hat eine sehr hohe Qualität und ist damit ein optimal passendes Material für viele Sonderprofile.

  • Produkte gemeinsam entwickeln:
    Je mehr Wissen, Kompetenz und Erfahrung in die Produktentwicklung fließen, desto höher ist das Erfolgspotential für innovative Entwicklungen. Ein Team an vielseitigen Spezialisten findet eher passgenaue Lösungen für langlebige Produkte als ein einzelner für sich, beispielsweise auch in Bezug auf Kosteneffizienz und die richtige Machbarkeitsprüfung. 

2. Digitalisierung

Ja, alle Welt schreit momentan nach Digitalisierung und digitaler Transformation. Auch im Maschinenbau handelt es sich um ein Innovationsthema der Industrie 4.0 mit einem Wertschöpfungspotential von 300 Billionen Dollar, so die Einschätzung von McKinsey. Auch der Digitalisierungsgrad im Produktentwicklungsprozess steigt, beispielsweise durch technisch geforderte 3D-Simulationen oder IIoT.

Herausforderungen der Digitalisierung im Maschinenbau

  • Schnittstellenproblematik:
    Gerade in Bezug auf die Zusammenarbeit mit internen und externen Mitarbeitern bringt das digitale Zeitalter Fluch und Segen. Collaboration Tools beschleunigen zwar den grenzübergreifenden Austausch, doch führen fehlende Schnittstellen auch zu Datenverlust und Arbeiten an nicht aktuellen Dateiversionen.

  • Anfangs technische Überforderung:
    Jede neu eingeführte digitale Lösung führt automatisch zu einer anfänglichen Überforderung der Anwender, die ein Onboarding und evtl. weitere Schulungen brauchen. Damit ist auch ein hoher Zeit- und Kostenaufwand verbunden, von dem man erst im Nachhinein weiß, ob er sich gelohnt hat. 

Lösungen für Digitalisierungsvorhaben im Maschinenbau

  • Digitale Kommunikation gewinnbringend einsetzen
    Ein partnerschaftlicher Austausch auf Augenhöhe stellt die wertschöpfende Beziehung in den Vordergrund. D.h. dass ein Kunde sich jederzeit zurückziehen kann, wenn sich herausstellt, dass die angestrebte Lösung doch nicht zu 100% optimal ist. Die digitale Kommunikation bietet hierfür perfekte Voraussetzungen, wenn beispielsweise ein Konstrukteur seinen verarbeitenden Partner kontaktiert, sie aber gemeinsam herausfinden, dass es eine bessere Alternative für die Produktherstellung gibt.
  • Digitale Lösungen der Partner nutzen
    Durch die Zusammenarbeit mit einem Partner greifen Unternehmen nicht nur auf dessen Dienstleistungen und Expertise zu, sondern auch auf digitale Lösungen, die er selbst im Einsatz hat. Produktentwickler können bei Welser Profile kostenlos auf den Welser Creator für Profile zugreifen. Zusätzlich profitieren sie in der Zusammenarbeit durch den Einsatz von profilspezifischen Simulationstools wie Copra und 3D-CAD-Programme wie z.B. Creo. 
  • Digitale Innovationen kennen
    Je mehr Produktentwickler über bestehende Technologien und Herstellungsmethoden wissen, desto optimalere Lösungen finden sie auch. Im Maschinenbau sind die Möglichkeiten des Rollprofilierens zum Beispiel noch nicht allzu bekannt, sodass eine digitale Neuerung wie das Profil als Sensor hier gerade erst auf dem Weg ist eine Innovation zu werden. Dabei werden Leiterbahnen direkt im Profil integriert und so die mechanische mit der elektronischen Welt verbunden.

3. Nachhaltigkeit

Bei Nachhaltigkeit handelt es sich um einen sehr weit fassbaren Begriff. Im Maschinenbau bezieht er sich u.a. darauf, dass Anlagen und Maschinen wenig störanfällig, update-fähig, vernetzt, umweltschonend, kosteneffizient und selbstreinigend sind.

Herausforderungen nachhaltiger Produkte

  • Langfristige Kosten & Ressourcen:
    Die Diskussion darüber, ob Elektroautos nun nachhaltig sind oder nicht, zeigt die Komplexität der Thematik im Spannungsfeld zwischen kurz- und langfristigen Kosten sowie Ressourcen. Hier sind Produktentwickler durch vielseitige Einflussfaktoren und letztlich unvollständigen Weitblick spürbar gefordert. 

  • Geringe Budgets:
    Zwar ist der Ruf nach Nachhaltigkeit medial sehr laut, doch geringe Budgets machen die Entwicklung nachhaltiger Produkte im Maschinen- und Anlagenbau recht schwierig. Beim Rollformen etwa ist der Schritt zum eigenen Profil erst dank der Vielfalt des verarbeitenden Herstellers entsprechend klein.  

Lösungen für die nachhaltige Produktentwicklung

  • Zweitverwendungen mitdenken:
    Ein immer wichtigeres Innovationsthema im Maschinenbau sind Zweitverwendungen. So lassen sich beispielsweise Profillösungen als Systembaukasten entwickeln und schaffen dadurch Teilereduktion und Mehrfachverwendung.  

  • Nachhaltige Rohstoffverwendung anstreben:
    Für viele Anforderungen stehen heutzutage bereits Lösungen mit nachhaltiger Rohstoffverwendung zur Verfügung. So ist beispielsweise Werkstoffstahl nach der Maschinenverwendung weltweit zu 100% recyclingfähig. 

  • Partner suchen, die grün produzieren:
    Nachhaltige Designs werden nicht nur von einzelnen Personen entwickelt, sondern in Zusammenarbeit mit allen beteiligten Stakeholdern. Unternehmen, die grün produzieren, tragen diesen Nachhaltigkeitsgedanken i.d.R. auch nach außen. 

4. Simplifizierung

Aus 10 mach 3. Eine Rechenaufgabe, die Maschinen und ihre Bauteile deutlich vereinfacht und reduziert. Simplifizierung zählt zu einem der wichtigsten Innovationsthemen im Maschinenbau, da er leichtere, nachhaltigere und kostengünstigere Produktentwicklungen verspricht.

Herausforderungen:

  • Hoher Dokumentationsaufwand:
    Ein bestehendes Produkt mit seinen einzelnen Bauteilen zu reduzieren bedeutet für Produktentwickler i.d.R. einen hohen Dokumentationsaufwand, da sie sich in einer bereits bestehenden Stückliste bewegen. Gleichzeitig zieht die Vereinfachung einzelner Werkstücke mitunter einen langen Rattenschwanz an zusätzlichen Optimierungen nach sich.

  • Nachweispflicht:
    “Never change a running system.” Dieser Herausforderung sind auch Maschinenbauer ausgesetzt, wenn sie sich an simplere Designs heranwagen. Bis zum Schluss müssen sie immer wieder nachweisen, dass das neue vereinfachte Design tatsächlich Innovationspotential hat und etwa Kosten spart oder besonders umweltschonend ist. 

Lösungen:

  • Neue Materialien und Technologien kennenlernen
    Bei einem laufenden System weiß man, dass bereits Materialien und Technologien zum Einsatz gekommen sind, die nach damaligem Stand optimal erschienen. Nun geht es darum, neue Lösungen zu finden, die ein breites Wissen über neueste Entwicklungen und Produkte am Markt erfordern. 

  • Externe Expertise integrieren
    Fehlendes Wissen und Knowhow finden Produktentwickler am allerbesten bei erfahrenen Spezialisten und Partnern, die im besten Fall frühzeitig mit an Bord geholt werden. Denn auf diese Weise lassen sich Maschinenbauteile nicht nur reduzieren, sondern auch potentielle Ressourcen- und Kosteneinsparungen von Anfang an voll ausschöpfen.

  • Sich selbst vertrauen:
    Es ist wahrscheinlich einfacher gesagt als getan, aber Innovation kann nur dort entstehen, wo Mut und Selbstvertrauen vorherrschen. Etwas Neues zu entwickeln bzw. etwas Bestehendes zu vereinfachen, kann gut oder schlecht sein. Doch eine gesunde Fehlerkultur ist der größte Gewinn im Produktentwicklungsprozess, denn zu guter Letzt führen auch zu vermeidende Fehler zur Verbesserung von Maschinen.  

 

5. Active Co-Creation

Die firmenübergreifende Zusammenarbeit hat sehr viel Potential für die partnerschaftliche Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen.

Herausforderungen von Active Co-Creation

  • Mut sich zu öffnen:
    Viele Jahre des Silo-Denkens und einspuriger Innovationskultur innerhalb der eng gesteckten Grenzen der eigenen Organisation erschweren traditionell strukturierten Industriebetrieben den Schritt in die partnerschaftliche Kooperation. 

  • IT-Security und Unternehmensspionage:
    Die Cyber-Attacken im DACH-Raum haben in den vergangenen Monaten massiv zugenommen, wie etwa die Sophos Studie The State of Ransomware 2020 zeigt, wonach bereits jedes zweite Unternehmen Opfer eines Ransomware-Angriffs wurde. Hieraus entstehen viele Ängste in Bezug auf datengestützte kooperative Arbeitsformen, wie kostspielige Datenverschlüsselungen (Ransomware), irreparabler Imageverlust und Unternehmensspionage. 

Lösungen für eine partnerschaftliche Zusammenarbeit

  • nah am Kunden entwickeln:
    Je besser der Kunde in seinen Anforderungen und Erwartungen wahrgenommen wird, desto passgenauer sehen die entwickelten Lösungen und damit einhergehende Bauteile aus. 

  • mit Partnern kooperieren, die langjährig am Markt sind:
    Active Co-Creation ist eine Frage des Vertrauens, denn beide Seiten müssen sich öffnen, in Austausch treten und für einen hohen Grad an Transparenz sorgen. Unternehmen, die langjährig am Markt sind, haben sich bereits einen Namen gemacht, sind in vielen Fällen stabil aufgestellt und bringen genug Erfahrung mit, um eine Zusammenarbeit auf Augenhöhe zu ermöglichen.

Fazit: Innovationsthemen im Maschinenbau

Bereits vor Jahren hieß es, keine Branche würde so viel in Innovationen investieren, wie der Maschinen- und Anlagenbau. Auch heute sehen Fachleute unzählige Potentiale für den Sektor, rufen den Industriesektor aber auch zu Offenheit und Mut für neue Wege auf, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Die Zusammenarbeit mit kompetenten und erfahrenen Partnern von Anfang an spielt dabei auf allen Ebenen eine immer wichtigere Rolle.