Noch ist Green Steel grün hinter den Ohren, doch neueste Entwicklungen in der Stahlindustrie sind in vollem Gange. Auch Local Sourcing und moderne Verfahren wie Rollprofilieren rücken Nachhaltigkeit mehr und mehr in den Fokus unterschiedlichster Industrien. Treibende Kraft in nationalen und internationalen Organisationen dürfte vor allem die angestrebte Klimaneutralität der einzelnen Länder sein, vor denen sich Unternehmen nicht verstecken können. Ziel des Europäischen Green Deal ist etwa, dass alle 27 EU-Mitgliedsstaaten bis 2050 klimaneutral sind.
In unserem Metier sind natürlich auch keine Grünschnäbel unterwegs, wenn es um die Entwicklung sowie Anwendung von grünem Stahl geht. So treiben beispielsweise 10 europäische Partner des Green Steel for Europe das ambitionierte Vorhaben stetig voran. Und doch kann sich niemand auf der Pionierarbeit anderer ausruhen, denn Nachhaltigkeit ist stets das Ergebnis gemeinschaftlichen Handelns. Wie die grüne Zukunft im Rollprofilieren einmal aussehen kann, will ich gemeinsam mit Ihnen vorhersehen. Aber klären wir zuerst einmal die Begrifflichkeiten:
Nicht immer sprechen wir bei Green Steel von ein und demselben Konzept. Denn was für die einen bereits mit einer kleinen CO2e-Bilanzierung beginnt, erfordert für die nächsten schon einen klaren Schritt in Richtung Klimaneutralität. So macht etwa thyssenkrupp in seiner Klimastrategie ganz deutlich, dass die Stahlproduktion des europäischen Stahlgiganten bis 2050 klimaneutral werden solle. Heutiger grün hergestellter Stahl erfüllt diese Kriterien allerdings noch nicht, d.h. wir verwenden im alltäglichen Sprachgebrauch genau genommen ein Zukunftswort, dass seiner vollen Wertigkeit noch hinterherhinkt und doch schon so viel inspirierenden Innovationsgeist beinhaltet: Grüner Stahl als Ergebnis einer vollständig CO2e-freien Stahlproduktion.
Bei grünem Stahl handelt es sich also um genau dieselben Stähle wie heutiger “grauer” Stahl, nur hat er eine andere CO2e-Bilanzierung. Anwendung findet die Bezeichnung für beides:
Das Portfolio an rund 2.500 Materialgüten und –sorten bleibt also dasselbe, zusätzlich zu möglichen neuen Stahlentwicklungen, die in den kommenden Jahren auf den Markt kommen werden.
Die Hochofenroute ist die gängige Methode zur Produktion von Rohstahl, verursacht jedoch hohe CO2e-Emissionen. Es gibt aber bereits Möglichkeiten, die in naher Zukunft die Emissionen reduzieren werden. Diese 3 Technologien ebnen den Weg zu einer klimaneutralen Stahlindustrie:
Die Ziele sind klar benannt, doch die Umsetzung wird wohl noch einige Jahre dauern. voestalpine prognostiziert eine machbare Senkung der CO2e-Emissionen bis 2027 im Zuge ihrer Hybridtechnologie rund um greentec steel. Dabei sollen die vorhandenen klassischen Hochofenrouten mit Einsatz von Kokskohle als Reduktionsmittel und Brennstoff einer nachhaltigeren Hybrid-Elektrostahlroute weichen. Die Schwerpunktsetzung auf grünen Wasserstoff soll schließlich 2050 sogar eine CO2e-neutrale Stahlproduktion ermöglichen.
Ein grünes Stahlprodukt, das bereits auf dem Markt ist, kommt etwa aus dem Hause Thyssen Krupp: bluemint® steel (bluemint® recycled). Da aber Green Steel momentan eher ein experimentelles, wenn auch ernstzunehmendes Zukunftsanliegen für viele Stahlproduzenten darstellt, ist das grüne Gold noch sehr teuer und kommt entsprechend wenig zum Einsatz.
Auch Salzgitter hat seine klimaneutralen Bestrebungen bereits geplant sowie kommuniziert und verfolgt mit seinem Programm SALCOS die sogenannte Carbon Direct Avoidance Strategie zur Reduktion der Treibhausgasemissionen um bis zu 95 %.
Seit den Neunziger Jahren konnten die CO2e-Emissionen in der Europäischen Union bereits deutlich gesenkt werden. Laut Europäischer Umweltagentur waren die Treibhausgasemissionen im Jahr 2020 um ca. 31 % niedriger als im Jahr 1990. Nichtsdestotrotz steht die Stahlindustrie in den nächsten Jahren vor großen Herausforderungen, denn rund 20 % des Treibhausausstoßes werden weiterhin der Industrie zugeschrieben, zu dessen größten Verursacher die Stahl- und Eisenbranche mit rund 32,4 Tonnen Co2e-Äquivalent zählt.
Eine klimaneutrale Stahlproduktion erfordert die vollständige Umstellung klassischer Herstellungsverfahren, die bis dato auf Kohlehochöfen setzte. Bereits heute reklamieren die großen Stahlkonzerne, dass sie in Zukunft auf Wasserstoff setzen wollen, um grünen Stahl herstellen zu können. Denn laut heutigen Forschungsergebnissen, wie die Agora Studie “No-regret hydrogen: Charting early steps for H₂ infrastructure in Europe”, zählt die Stahlindustrie zu den sogenannten No-Regret-Sektoren, d.h. es gibt keine wirkliche Alternative zu Wasserstoff bei der Herstellung des beliebten Metalls.
Die Umrüstung vom emissionsstarken Hochofen hin zur klimaneutralen Direktreduktion mit Wasserstoff wird in den nächsten Jahren allerdings weniger ein schneller Sprint als vielmehr ein Staffellauf, der Schritt für Schritt vollzogen werden muss. Denn einerseits müssen Stahlproduzenten ihre gesamten Anlagen und Prozesse erneuern, andererseits gilt es Lösungen für die verhältnismäßig hohen Energiekosten beim Einsatz von Wasserstoff zu finden.
Da grüner Stahl zwar in einem deutlich nachhaltigeren Herstellungsprozess entsteht, allerdings keinerlei Einbußen in Bezug auf seine Materialeigenschaften aufweist, ist er auch beim Rollprofilieren (auch bekannt als Rollformen oder Walzprofilieren) weiterhin ganz normal einsetzbar.
Der Stahl bleibt gleich und die Werkzeuge auf unseren Profilieranlagen werden auch im Zeitalter des Green Steel ununterbrochen weiterlaufen. Was aber ändert sich?
Wir, die Menschen, ändern uns. Junge Generationen rücken nach und tragen laut rufend den Wunsch vor sich her, den kommenden Generationen eine bessere Welt zu hinterlassen. Stahlbau, Stahlkonstruktionen und Stahlprofile wird es auch in Zukunft geben. Aber eine Erde, wie wir sie heute kennen, nicht mehr. Um sie am Leben zu halten, braucht es Entwicklungen, Bemühungen und Pioniergeist, der durch gemeinsames Schaffen etwas Gutes hervorbringt.
Bei Welser Profile denken wir nicht nur bis zum Tor unserer Industriehallen, sondern weit darüber hinaus. Genaugenommen sehen wir unsere Tätigkeit als Teil eines großen Ganzen, einer zukünftigen Kreislaufwirtschaft, wo grüner Stahl in nachhaltigen Technologieverfahren wie dem Rollformen verarbeitet und für unterschiedlichste Branchen nutzbar gemacht wird. Grüner Stahl soll grün bleiben,
Abgesehen davon, dass Rollformen ein CO2e-armes Verfahren ist, hat es von Haus aus auch Vorteile auf die Prozessintegration bei der Herstellung von Profilen und Sonderprofilen, da sich mehrere Herstellungs- und Finalisierungsschritte, aber auch mehrere Funktionen in einem Produkt kombinieren lassen. In Kombination mit unserem eigenen Streben nach einer grünen Zukunft – etwa die Frage an unsere Kunden nach dem CO2e-Verbrauch, bevor wir uns die Kosten ansehen – bringen wir das Rollprofilieren in eine wegweisende Kreislaufwirtschaft mit grünem Stahl, Local Sourcing, nachhaltigen Geschäftsmodellen u.v.m.
In einer Zeit, in der die Welt immer schwärzer geredet wird, bin ich stolz darauf, Teil einer grünen Bewegung zu sein. Bereits heute kaufen wir als Unternehmen Stahl auf kurzem Wege ein, verbessern ständig unsere Technologie für noch mehr Lösungsintegrationen und erschaffen aus einer Vielfalt an Teilen pfiffige Profillösungen.
Unsere Anlagen können Stähle bis zu einer Festigkeit von 1.000 Mpa verarbeiten. Das eröffnet Möglichkeiten für die Herstellung gewichtsoptimierter Bauteile in allen Bereichen des täglichen Lebens. Indem wir auf leichte Produkte und Anwendungen setzen, tragen wir gemeinsam mit unseren Kunden dazu bei, große Mengen an CO2e gar nicht erst entstehen zu lassen.
Bei Welser Profile fühlen wir uns als Pioniere auf der Suche nach Pionieren. Wir sind bereit für die Ära des grünen Stahls und blicken gespannt einer CO2e-freien Kreislaufwirtschaft in der Stahlindustrie entgegen.