Ist Stahl das neue Alu? 2 starke Materialien im Vergleich
Die Klimaziele der kommenden Jahre müssen erreicht werden und die nachhaltige Produktentwicklung soll in vielen Firmen ihren Beitrag dazu leisten. Genau aus diesem Grund beschäftigt die Verantwortlichen zunehmend die Frage, welches Material dafür auch auf lange Sicht am besten geeignet ist. Sei es im Maschinenbau, im Baugewerbe oder in der Lebensmittelindustrie – die Suche nach nachhaltigen Materialien und Innovationen ist in zahlreichen Branchen in vollem Gang.
Dazu zählt auch der Vergleich von Aluminium und Stahl, denn deren Vor- und Nachteile werden längst nicht mehr so oberflächlich betrachtet wie in der Vergangenheit. Ein großer Telekommunikationsanbieter hat beispielsweise seine schweren Aluminiumschienen durch rollgeformte Stahlprofile ersetzt, um damit einerseits seinen Klimazielen näher zu kommen und andererseits ein besseres Bauteil für die benötigte Anforderung zu schaffen.
Alu oder Stahl für Ihr Bauteil? Lesen Sie weiter und erfahren Sie mehr über die zukünftigen Potenziale dieser beiden Materialien.
3 Vorteile von Bauteilen aus Aluminium (Aluminiumprofile)
Kaum eine Branche kommt heutzutage noch ohne Aluminium aus. Das seit dem 19. Jahrhundert schnell industrialisierte Metall wurde bereits früh für den Bau leichter Metallschiffe verwendet und hat sich schnell zu einem beliebten Material in der Automobilindustrie, Luft- und Raumfahrt, Elektroindustrie, Möbelbranche, Lebensmittel- und Verpackungsindustrie u.a. entwickelt.
Grund dafür sind vielfältige Vorteile von Bauteilen aus Alu, hier beispielhaft dargestellt an Aluminiumprofilen:
- Einfache Produktion:
Die Herstellung von Profilen aus Aluminium ist in vielen Fällen günstiger als Stahl, da mit verhältnismäßig weniger Aufwand komplexe Stranggießprofile herstellbar sind. Dies liegt an der deutlich höheren Weichheit und damit guten Umformbarkeit des Leichtmetalls. - Günstige Herstellung kleinerer Mengen:
Dank der unkomplizierten Produktionsverfahren von Aluminiumprofilen lassen sich diese auch in kleineren Mengen kostengünstig herstellen. - Leichtes Material:
Im Vergleich mit Stahl ist die Leichtigkeit des Grundmaterials Aluminium einer der größten Vorteile, denn die Dichte von Aluminium liegt bei 2,7 g/cm3, was nur knapp ein Drittel der Dichte von Stahl mit 7,8 g/cm ist.
Aufgrund seiner Leichtigkeit und Kosteneffizienz bei der Herstellung kleinerer Volumina werden Profile aus Aluminium beispielsweise sehr gerne für Fensterrahmen, Werkzeuge und in Karosserien verwendet. Dank vielfältiger und technisch ausgereifter Verfahren lassen sich Aluminiumteile außerdem schweißen und löten.
4 Vorteile von Profilen aus Stahl
Stahl ist ein sehr widerstandsfähiges Material, das bereits vor mehr als 5.000 Jahren als Werkstoff entdeckt wurde. Bereits über viele Jahrzehnte ist Stahl mengenmäßig der wichtigste Rohstoff, wie Statistiken zeigen, und wird überwiegend in der Automobilindustrie, im Baugewerbe, Maschinenbau, Metallverarbeitung und weiteren Zweigen eingesetzt.
Zu den wichtigsten Vorteilen von Stahl zählen folgende:
- Hohe Festigkeit:
Um besonders feste Profile herzustellen, wie etwa sehr schmale Rahmen für große Glasfronten, ist beim Einsatz von Stahl deutlich weniger Volumen erforderlich als etwa bei Aluminium. Denn die Steifheit wird dank der hohen Festigkeit von Stahl viel schneller erreicht. - Echte Potenziale beim Thema Nachhaltigkeit:
Stahl ist grundsätzlich zu 100 % recyclebar, neuere Entwicklungen ermöglichen zunehmend CO2-sparende Produktionen und ist in Verfahren wie Rollformen äußerst materialsparend einsetzbar.
- Deutlich höherer Schmelzpunkt:
Der Schmelzpunkt von Stahl liegt bei 1.400°C, während der Schmelzpunkt von Aluminium bei 660°C liegt. Aus diesem Grund sind etwa Brandschutz- und Sicherheitstüren immer aus hoch festem Stahl. - Große Materialvielfalt:
Weltweit gibt es mehr als 2.500 genormte Stahlsorten, die für (fast) jedes Bauteil die passenden Anforderungen erfüllen. Sei es hochwertiger Edelstahl für die Lebensmittelindustrie, hochfester Stahl für den Fensterbau oder säurefester Stahl für Chemielabore.
Verallgemeinernde Aussagen über die Kosteneffizienz sind auch beim Vergleich von Aluminium und Stahl nur schwer zu treffen. Bei der Bestellung und Produktion größeren Volumina erweist sich Stahl allerdings immer wieder als kostengünstiger.
Rollformen (Stahl) versus Strangpressen (Aluminium)
Die Produktion von rollgeformten Bauteilen aus Stahl und stranggepressten Bauteilen aus Aluminium ist insgesamt ähnlich schnell. Je nach Design und Menge schlägt das Kosten-Nutzen-Barometer zugunsten des einen oder anderen Materials aus. Interessant werden die Unterschiede beider Verfahren bei folgenden Aspekten:
- Löcher integrieren:
Anders als bei der Herstellung von Aluminiumprofilen lassen sich beim Walzprofilieren direkt Löcher in das Stahlprofil integrieren, ohne dass ein weiterer Produktionsschritt nötig wäre. - Toleranzen:
Anders als beim Strangpressen ermöglicht Rollprofilieren die Fertigung mit sehr engen Toleranzen (Querschnitt, Wandstärke etc.). - Einfachheit:
Strangpressen punktet mit einfachen Produktionsverfahren, da Aluminium ein deutlich weicheres Material als Stahl ist, das im Herstellprozess relativ einfach durch eine Matrize gepresst und leicht geformt (warm oder kalt) werden kann. - Veredelung:
Rollprofilieren lässt im Gegensatz zum Strangpressen kostengünstige Veredelungsschritte zu. Bei Bedarf lassen sich außerdem sehr hochwertige Oberflächen herstellen, wo beispielsweise keine Walzenspuren sichtbar sind.
So gelingt der Wechsel von Aluminium auf Stahl
Ein Vorreiter der Automobilindustrie hat bereits unter Beweis gestellt, dass der Wechsel von Alu auf Stahl gelingen kann und lohnenswert ist. So liefern wir seit Mitte 2020 in großer Stückzahl einen rollgeformten Verbindungsträger Tunnel aus Stahl an die BMW Group aus, der ein zuvor aus Aluminium hergestelltes Bauteil ersetzt. Dieser hatte sich nach gemeinsamer Prüfung als leichter, aerodynamischer und aufgrund des großen Bestellvolumina als günstiger herausgestellt.
3 Tipps möchte ich Ihnen für den Wechsel von Aluminium auf Stahl gerne an die Hand geben:
Tipp #1: Fragen Sie sich, wie hoch die Qualität Ihres Bauteils sein soll.
Bringt es beispielsweise Vorteile Löcher in Ihrem Bauteil zu integrieren? Wenn ja, dann lohnt sich die Auseinandersetzung mit den Vorteilen des Rollprofilierens, denn die Stanzung findet im selben Herstellungsprozess statt. Anders beim Strangpressen mit Aluminium, wo Löcher erst im Nachhinein gestanzt werden können und somit einen zusätzlichen Prozessschritt erfordern.
Tipp #2: Bleiben Sie auf der Suche nach Perfektion.
Never change a running process? Ich sage: Doch! Es gibt immer Raum für Perfektion und dort, wo sie erstrebenswert erscheint, sollte sie eine Chance bekommen. Ist es vorteilhaft, wenn Ihr Bauteil platzsparender, fester, elastischer oder CO2-neutraler ist? Dann wagen Sie einfach mal den frischen Blick auf die Frage, ob Stahl, Aluminium oder sogar ein ganz anderes Material perfekt geeignet ist.
Tipp #3: Entwickeln Sie Ihr neues Bauteil gemeinsam mit erfahrenen Experten.
Wie die Automobilbranche schauen auch andere Zweige viele Jahre und Jahrzehnte zu Recht auf bewährte Stanztechniken und zahlreiche verbaute Aluminiumteile zurück. Sich einer neuen Technologie wie dem Rollprofilieren zu öffnen, bedarf natürlich auch einer gewinnbringenden Basis an Wissen, Erfahrungswerten, Denkanstößen und Learnings aus vergangenen Fehlern. In gemeinsamen Entwicklungen mit erfahrenen Experten lassen sich die passenden Materialien, die optimalen Formen und besten Maschinen ebenso festlegen wie die Machbarkeit des neu designten Bauteils überprüfen.
Fazit: Stahl vs. Alu braucht eine durchdachte Antwort
Hoffentlich konnte ich Ihnen in diesem Beitrag aufzeigen, dass die Antwort beim Vergleich von Aluminium vs. Stahl für Ihr Bauteil NICHT so einfach und oberflächlich zu beantworten ist, wie es noch immer gerne gemacht wird. Besonders das Rollprofilieren mit Stahl geht mit einem neuen Maß an Flexibilität einher und ermöglicht sagenhafte neue Funktionen. Mit Blick auf die ehrgeizigen Klimaziele vieler Unternehmen in Europa und weltweit rückt Stahl aufgrund seiner vielversprechenden CO2-Neutralität zu Recht in den Fokus. Gleichzeitig hat auch Aluminium seine Berechtigung, denn für jedes Bauteil sollte das optimale Material gefunden werden.
Noch nicht fündig geworden? Lassen Sie uns gemeinsam das beste Material für Ihre Vorhaben finden.
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