Stahl wächst nicht auf Bäumen? So gehen Sie mit Rohstoffknappheit um

    5 Minuten
    Nov 9, 2023

    Die Rohstoffknappheit aufgrund internationaler und lokaler Krisen hat uns wieder einmal vor Augen geführt, wie abhängig wir von manch wertvoller Ressource sind. Ohne die notwendigen Rohstoffe kommen Produktionen ins Stocken, Auslieferungen verzögern sich, Kosten schnellen in die Höhe, Einnahmen schwinden und im schlimmsten Fall müssen einzelne Komponenten komplett neu designt und aus alternativen Materialien hergestellt werden.  

    Der Umgang mit Rohstoffknappheit ist allerdings kein plötzlich auftretendes Problem und die gefühlte Abhängigkeit keine einseitige. Denn jedes Unternehmen kann auf struktureller und organisatorischer Ebene maßgeblich zu einer verlässlichen Materialverfügbarkeit und -beschaffung beitragen. Wie diese gelingt und welche Erfahrungen wir bei Welser Profile dahingehend gemacht haben, möchte ich Ihnen am Beispiel des Rohstoffes Stahl erläutern. 

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    Wenn Rohstoffe knapp werden 

    Der HWWI-Rohstoffpreisindex beobachtet und bewertet die Preisentwicklungen verschiedener Rohstoffe, einschließlich Energie und Metalle, um Trends und Schwankungen auf den internationalen Rohstoffmärkten zu erfassen. Er zeigt, dass die globale Rohstoffknappheit und steigende Preise auf eine erhöhte Nachfrage und begrenzte Verfügbarkeit zurückzuführen sind. Dies ist unter anderem auf die steigende Nachfrage nach Rohstoffen in Schwellenländern zurückzuführen, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Wachstums einen höheren Bedarf an Ressourcen haben.  

    Die COVID-19 Gesundheitskrise hat die Rohstoffknappheit durch Lockdowns und Produktionsausfälle in vielen Teilen der Welt ebenfalls verstärkt. Ein bedeutsamer Faktor ist auch der Krieg in der Ukraine, der zu Unterbrechungen der Versorgungskette im globalen Rohstoffhandel und damit zu Preisschwankungen und Engpässen geführt hat. Die Kombination dieser Faktoren hat Auswirkungen auf verschiedene Sektoren der Wirtschaft. Davon war auch die Stahlindustrie betroffen, die Metalle wie Eisen und Nickel aus der Ukraine sowie Erdgas aus Russland bezieht. 

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    Der Rohstoff Stahl hat zwischen 2020 und 2023 ebenfalls eine Achterbahnfahrt in seiner Preisentwicklung durchgemacht. Betrug der Preis für eine Tonne unlegierten Baustahl (E295) im September ‘20 noch rund 500 Euro, schnellte er in den Jahren ‘21 und ‘22 auf bis zu 1900 Euro in die Höhe. Umlenkung gewohnter Lieferketten in der Logistik, angespannte Lagen aufgrund von Frachtraumverfügbarkeit und Auswirkungen auf die Produktionsfähigkeit in vielen Industriebetrieben waren die Folge der daraus entstandenen Rohstoffknappheit. Im Jahr 2023 ging der Preis für Baustahl sukzessive wieder zurück und pendelte sich bei rund 1000 Euro pro Tonne ein. Wohlgemerkt, immer noch doppelt so hoch wie vor den Krisenjahren.   

    Rohstoff Stahl – Knapp oder verfügbar? 

    So manch eine Organisation steht momentan zu Recht vor der schwierigen Entscheidung, auf welche Materialien sie in Zukunft setzen möchte und wie ein nachhaltiger Umgang mit den jeweiligen Rohstoffen gewährleistet werden kann. Unsere Kunden beispielsweise stellen sich immer wieder die Frage: Alu oder Stahl? Und wenn Stahl, wie knapp oder verfügbar ist dieses Material? 

    Grundsätzlich ist die Rohstahlverfügbarkeit von Stahl in Europa ausreichend. Angesichts der Existenz von mehr als 2.500 verschiedenen Stahlsorten gilt es diese Frage allerdings im Einzelfall zu beantworten bzw. einen passenden und verfügbaren Stahl für das jeweilige Vorhaben auszuwählen.  

    Wie zuletzt kann die Rohstoffknappheit der eigentlich verfügbaren Stähle aber durch ganz unterschiedliche Faktoren beeinflusst werden, z.B. 

    • Hohe Nachfrage bestimmter Stähle, etwa um CO2-reduzierte Materialien zur Erreichung der gesetzten Klimaziele zum Einsatz zu bringen 
    • Erhöhung von Zöllen bzw. Strafzöllen, etwa als Folge politischer Entwicklungen 
    • Entfernung einer wichtigen Marktkomponente, etwa durch die Erneuerung einer Hochofenstelle 
    • Höhere Gewalt (force majeure), etwa aufgrund klimabedingter Katastrophen wie Hochwasser oder extreme Kälteperioden 
    • Plötzliches Aktivwerden von Mitbewerbern, aus dem lokalen Umfeld ebenso wie aus internationalen Märkten, etwa China oder Indien 

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    5 Praxistipps zum Umgang mit Rohstoffknappheit 

    Als langjähriger Verarbeiter von Stahlprodukten kennen wir die mitunter überraschenden Marktentwicklungen, die immer wieder zu einer Verknappung von Rohstoffen sorgen. Einerseits sind wir selbst davon betroffen, andererseits unterstützen wir unsere Kunden dabei, mit den schwankenden Materialverfügbarkeiten kompetent umzugehen. In den letzten 25 Jahren haben wir dabei viele Erfahrungen gesammelt, den einen oder anderen Fehler gemacht, aber vor allem zahlreiche wertvolle Learnings mitgenommen. Die 5 wichtigsten Praxistipps zum Umgang mit Rohstoffknappheit möchte ich daher mit Ihnen teilen: 

    Tipp #1: Setzen Sie auf zukünftig verfügbare Rohstoffe! 

    Komplexe Marktentwicklungen sind natürlich nur schwer über viele Jahre vorhersehbar. Trotzdem wissen wir bei Welser Profile, dass mit der Herstellung von Rollprofilen aus Stahl unser Produktionsverfahren auf einem Rohstoff aufbaut, der auch in Zukunft in vielen Variationen hoch verfügbar sein wird.  

    Statt also heute von Vornherein die günstigste Alternative für Ihre Bauteile, Anlagen o.Ä. zu wählen, beziehen Sie die einschätzbare zukünftige Verfügbarkeit der in Frage kommenden Materialien und Rohstoffe in Ihre Entscheidung mit ein. Denn marktrelevante Entwicklungen wie in den vergangenen Monaten können das Blatt schnell einmal wenden.  

    Tipp #2: Kaufen Sie Rohstoffe lokal ein! 

    Der Ruf nach Lokalität wird in zahlreichen Branchen immer lauter und auch bei Welser Profile setzen wir seit jeher auf “Buy local”. Reduzierte Lieferketten, aber auch die Unterstützung zukunftsweisender Aktivitäten der lokalen Stahlindustrie hin zu Green Steel (Grünem Stahl) sind für uns überzeugende Vorteile.  

    Indem Sie die regionale Marktversorgung stärker in den Fokus nehmen, bauen Sie nicht nur gute Beziehungen zu den Lokalmärkten, sondern profitieren auch von schnellen bzw. direkten Lieferwegen, selbst wenn Rohstoffe global gesehen knapp werden.  

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    Tipp #3: Schätzen Sie Ihren Bedarf holistisch ein! 

    Eines unserer wichtigsten Learnings besteht darin, dass wir den Bedarf gesamtheitlich auf Basis unterschiedlichster Betrachtungsebenen abschätzen. Im vertrauensvollen Austausch mit unseren Partnern entwickeln wir Szenarien und Strategien, um die Versorgung auch dann bestmöglich sicherzustellen, wenn noch kein Problem, etwa in Form von Rohstoffknappheit, vorhanden ist.  

    Betrachten Sie Ihren Bedarf ebenfalls holistisch und treten Sie dafür in einen transparenten Austausch mit Ihren eigenen Lieferanten und Partnern. Je mehr Blickwinkel Sie sich auf potentielle Knappheiten verschaffen, desto besser können Sie Bedarfe voraussehen und die Versorgung sicherstellen. 

    Tipp #4: Denken Sie bei der Lösungsfindung prozessintegriert! 

    Was wir beim Rollprofilieren immer wieder feststellen können: Rohstoffknappheit lässt sich nicht nur von extern vorbeugen, sondern auch von intern. Denn in einem rollgeformten Stahlbauteil lassen sich in einem Produktionsschritt mitunter viel mehr Funktionen integrieren als in alternativen Verfahren. Beispielsweise zieht Strangpressen mit Aluminium immer wieder mehr Prozessschritte für aktive Funktionsintegration, mehr Material und mehr Schrott nach sich. 

    Die Materialverfügbarkeit lässt sich also auch durch prozessintegrierte Lösungsfindungen mitbestimmen, denn berechnet auf größere Volumina haben bereits kleine Einsparungen bei einem Bauteil große Wirkung auf die benötigten Material- bzw. überschüssigen Schrottmengen. 

    Tipp #5: Pflegen Sie gute Partnerschaften! 

    Bei Welser Profile legen wir großen Wert darauf, die Beziehung zu unseren Lieferanten und Partnern zu pflegen. Beispielsweise treiben wir gemeinsam die Transformation zur CO2-neutralen Stahlproduktion voran und unterstützen unsere Partner bei der Festigung einer starken lokalen Stahlindustrie in Europa.  

    Pflegen auch Sie gute Partnerschaften im gegenseitigen Sinne, denn diese zahlen sich langfristig immer aus, da Loyalität und gegenseitige Unterstützung vor allem in Krisenzeiten zum Tragen kommen. 

    Fazit: Nachhaltiger Umgang mit Rohstoffknappheit zahlt sich aus 

    Stahl wächst nicht auf den Bäumen, aber es handelt sich um einen Rohstoff, der planbar gemacht werden kann. Voraussetzung dafür sind u.a. der lokale Bezug, die holistische Bedarfsanalyse und die prozessintegrierte Lösungsfindung. Dieser nachhaltige Umgang zahlt sich langfristig auch für andere mitunter knappe Rohstoffe, wie Rohöl, Holz oder Kunststoffe aus. Lassen Sie Ihre Geschäftstätigkeiten nicht von Rohstoffknappheiten bestimmen, sondern legen Sie selbst die Weichen, um eine verlässliche Materialversorgung unabhängig von äußeren Einflüssen bestmöglich sicherzustellen. 

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